Wir von der congenio sind gegen Softwarepatente.
Die großen internationalen Konzerne tun sich leicht damit,
die Notwendigkeit von Patentierbarkeit von Software herauszustellen,
da sie ja Patentaustauschabkommen mit Ihren jeweiligen "Konkurrenten" haben.
Mittelständler und kleine Unternehmen wie wir dagegen können sich weder
die Kosten für 34 Patenteinreichungen täglich (Beispiel Siemens) leisten,
noch haben sie die Möglichkeit, blockierende Patente
(und um solche handelt es sich bei Software zumeist) abzuwehren.
In den U.S.A. feiern solche Blockadepatente bereits länger
fröhliche Urstände (Beispiele: XOR für den Mauszeiger, Fortschrittsbalken,
1-Click-Shopping u.v.a.m.).
Leute wie Herr von Pierer sollten außerdem nicht die Tatsachen verdrehen,
indem sie sagen:
"Software muss in Europa schutzfähig bleiben".
Software ist bisher in Deutschland eben an sich
nicht
patentschutzfähig - und das ist u.E. nach gut so.
Wohlgemerkt: Software genießt auch in Deutschland (und Europa) den Schutz geistigen
Eigentums, es steht nämlich unter Urheber-, anders als in den U.S.A. aber
nicht unter Patentrecht
(
§1 Patentgesetz,
Art. 52 Europäisches Patentübereinkommen)!
Das gleiche gilt für Filmwerke, obwohl es Alfred
Hitchcocks Erben freuen würde, wenn in keinem anderen Film eine Mordszene
unter der Dusche mehr vorkommen dürfte.
Auch Argumente dahingehend, dass auch der deutsche Mittelstand und nicht
nur die Großunternehmen seine Erfindungen schützen können muss,
sind zumindest für Softwarepatente meist nicht zutreffend:
Normalerweise geht es um auch nach bestehendem Recht patentierbare
Erfindungen, die eben auch technische Komponenten haben (Beispiel ABS),
aber nicht auf reine Softwarelösungen abzielen.
Reine Softwarepatente haben - wo sie möglich waren - hinlänglich
unter Beweis gestellt, dass sie vor allem zum Missbrauch einladen
und waren somit aus gutem Grund bislang hier nicht zugelassen.
Den unterstellten Schutzcharakter im internationalen Geschäft
verlieren Patente übrigens sowieso zunehmend: In Drittweltländern
kümmert man sich einfach nicht darum und im neuen Markt China
kann man beobachten, wie Patenten und Lizenzen geschickt ausgewichen wird,
indem man westliche Standards einfach durch eigene ersetzt.
Die DVD-Alternative EVD und das gerade aktuell von China propagierte
eigene Internet-Protokoll
IPv9 sind gute Beispiele dafür.
Wir werden noch sehen, wessen Standards sich dann in naher Zukunft
durchsetzen, z.B. wenn billige chinesische EVD-Player mit westlichen
Produkten konkurrieren müssen, für die neben höheren Produktionskosten
auch noch Lizenzgebühren anfallen, welche auf "Features" erhoben werden,
die ausschließlich einer Beschränkung der Rechte der Nutzer zu Gunsten
der amerikanischen Filmindustrie dienen.
Zur Zeit ist in den Vorschlägen des EU-Rates und den
Empfehlungen des Rechtsausschusses
des EU-Parlaments nicht einmal mehr die Patentierung
von Schnittstellen ausgenommen, d.h. eine Interoperabilitätsgarantie wird nicht gefordert.
Dies würde bedeuten, dass in Zukunft die großen
Anbieter wie SAP, Microsoft et. al. die vollständige Kontrolle auch über Anbindungen
von Randsystemen durch unabhängige Anbieter ausüben könnten. Die geplante
"Zwangslizensierung" würde ggf. de facto am Preis bzw. der Unwilligkeit dieser
Unternehmen scheitern, was KMUs im Individualsoftware-Umfeld massiv behindert bzw.
deren Arbeit unmöglich macht.
Allein die
Art und Weise,
wie das Bundesjustizministerium die
EU-Ratsentscheidung zum Thema Softwarepatente behandelt hat, war schon
eine Unverfrorenheit. Mir ist kein anderer Fall bekannt, in dem wie
hierbei eine angekündigte Enthaltung Deutschlands dann doch auf
Betreiben großer Unternehmen "urplötzlich" in ein Ja umgewandelt wurde.
Die Gegner von Softwarepatenten wurden offenbar bewusst getäuscht,
um erst gar keine Diskussionen aufkommen zu lassen. Diese Historie
setzte sich dann nahtlos mit der
Befragung des Bundeswirtschaftsministeriums
fort, deren Ergebnisse später unterdrückt wurden.
Aktuell sind
Sitzungsprotokolle bekannt geworden,
die klar zeigen, wie das Bundesjustizministerium gegen das
einstimmige Votum des
Deutschen Bundestags abgestimmt hat.
Nur für das Protokoll: Das sagt eine Firma, die praktisch ausschließlich
von ihren Ideen lebt - die meisten davon im Bereich Software.
Wir könnten uns aber aus dem
Geschäft gleich komplett zurückziehen,
wenn wir ggf. auch nur ansatzweise versuchen wollten, Kollisionen mit
"patentierten Ideen" im Softwarebereich zu vermeiden.
Für uns gilt also die glatte Umkehrung des Kanzlersatzes
"Patente stärken Innovationswillen und Investitionsbereitschaft"
- zumindest bezogen auf Softwarepatente.
Für weitergehende Informationen: